Feuerwehrexperte Christian Albrecht gab bei „Kulturhaus im Gespräch“ spannende Einblicke in die anspruchsvolle Arbeit der Aktiven 

Einsätze auf dem Rhein gehören für die Feuerwehr Oberwesel stets zu den besonderen Herausforderungen und verlangen den Aktiven allerhand ab. Dies machte ein Vortrag des Wasserrettungsexperten und stellvertr. Brand- und Katastrophenschutzinspekteurs des Rhein-Hunsrück-Kreises Christian Albrecht im Rahmen von „Kulturhaus im Gespräch“ deutlich. Ein Abend, der zum einen die besondere Bedeutung der Feuerwehr Oberwesel für die Öffentlichkeit herausstellte und zugleich an das 100-jährige Jubiläum in 2021 erinnerte, das coronabedingt nicht so gefeiert werden konnte, wie ursprünglich geplant.

Albrechts Vortrag „Gefahrenabwehr auf dem Mittelrhein“ fand sowohl bei Bürgern großes Interesse, wie auch bei Feuerwehrkameraden, die von Bingen bis Bendorf nach Oberwesel angereist waren. Und so zog der engagierte Feuerwehrexperte ein vollbesetztes Kulturhaus mit seinen fachkundigen Ausführungen und zahlreichen Bildern über die nicht alltägliche Arbeit auf der Binnenstraße Rhein in seinen Bann. 

Fließgewässer ist ungewohntem Terrain

„Egal, ob es sich um die Wasserrettung einer Person, eine Havarie oder einen Schiffsbrand handelt, der Einsatz auf einem Fließgewässer findet stets auf ungewohntem Terrain statt“, so Albrecht. Brand- und Hilfeleistungseinsätze mit dem Feuerwehr-Boot erforderten deshalb eine vorausschauende Taktik; dazu gehöre eine schnelle und eindeutige Abstimmung zwischen allen beteiligten Einsatzkräften, den Behörden sowie der Berufsschifffahrt. 

Feuerwehrleute benötigten Kenntnisse über den Aufbau von Binnenwasserstraßen, über nautische Fachbegriffe sowie die nötigen Kommunikationswege. Eine große Hilfe bilde hier die Revierzentrale in Oberwesel als Notfallstelle der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, welche gemeinsam mit der Lichtwahrschau auf der Gebirgsstrecke des Rheins, so eine einmalige Einrichtung in Europa ist. Sie liefere z.B. wichtige Informationen über ein in Not geratenes Schiff hinsichtlich der Anzahl der Besatzung, des geladenen Gefahrgut, einer bestehenden Akutgefahr (z.B. Explosionsgefahr) und vieles mehr. 

Wenn die Besatzung an Bord weder deutsch noch englisch spreche, werde der Rettungseinsatz zusätzlich durch sprachliche Barrieren erschwert. Bilder von einem im Rhein abtreibenden Wohnmobil oder des havarierten Säuretankers „Waldhof“, einem der spektakulärsten Schiffsunfälle auf dem Rhein im Jahr 2011, machten deutlich, wie komplex und schwierig sich derartige Einsätze gestalten. 

Taktik, Mensch und Technik sind entscheidend

„Wenn wir zu Unfällen auf dem Rhein gerufen werden, können wir nicht – wie das bei einem brennenden Haus der Fall ist – die Lage von allen Seiten begutachten und uns ein Gesamtbild verschaffen. Durch das dynamische Geschehen auf dem Fluss kann zu jeder Zeit eine neue, nicht vorhersehbare Situation eintreten“, beschrieb Albrecht die Unwägbarkeiten. „Taktik, Mensch und Technik müssen bei Rettungseinsätzen wie Puzzleteile ineinandergreifen. Dies ist elementar wichtig!“, machte der Referent deutlich. 

Bezüglich der Häufigkeit von Wasserrettungseinsätzen hatte Albrecht Zahlen aus 2021: Von 65 Einsätzen der Feuerwehr Oberwesel im Zeitraum Januar bis September entfielen sieben auf die Wasserrettung; dazu zählten die Bergung von Sportbooten, die Bergung einer Wasserleiche sowie ein Schiffsbrand. Dass Schiffsverbände und Fahrgastschiffe heute immer größer werden, stelle eine Problematik dar, denn der Zugang vom verhältnismäßig kleinen Feuerwehrboot auf ein großes Schiff gestalte sich schwierig. 

Mehr Frauen bei der Feuerwehr wünschenswert

Niedrigwasser sowie Hochwasser machten Einsätze auf dem Rhein ebenfalls schwierig bis unmöglich. So habe das Feuerwehr-Boot, das in einer Art Garage im Oberweseler Hafen liegt, bei extremem Niedrigwasser gar nicht genug Wasser unterm Kiel, um überhaupt auf den Rhein zu kommen.  

Die Besucher erfuhren viele interessante Details über die Arbeit der Feuerwehr, die in der Regel ohne große Kenntnis der Öffentlichkeit geleistet wird. Zahlenmäßig, so erfuhren die Besucher in der anschließenden Gesprächsrunde, ist die Feuerwehr Oberwesel relativ gut aufgestellt. Jedoch stelle die Verfügbarkeit unter der Woche eine Herausforderung dar, da die wenigsten Aktiven ihren Arbeitsplatz in Oberwesel haben. Ein höherer Anteil an weiblichen Einsatzkräften wäre hier eine große Hilfe“, so Albrecht, für den ein generell höherer Frauenanteil bei der Feuerwehr wünschenswert wäre. Die spannenden Ausführungen boten auch nach dem offiziellen Teil noch allerlei Stoff für Gespräche und Diskussionen. 

Alle Infos zu weiteren Veranstaltungen unter: www.kulturhaus-oberwesel.de